Rezension „Supervision auf dem Prüfstand 2. Auflage“

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Brigitte Schigl, Claudia Höfner, Noah A. Artner, Katja Eichinger, Claudia B. Hoch, Hilarion G. Petzold: Supervision auf dem Prüfstand. Wirksamkeit, Forschung, Anwendungsfelder, Innovation (2. Auflage). Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (Wiesbaden) 2020. 299 Seiten

Supervision ist ein komplexes Beratungsformat zur Förderung der Qualität professionellen Handelns, das von hoher Nachfrage und, häufig diffuser, Heilserwartung geprägt ist. Dem steht ein weitreichendes Fehlen fundierter Forschungsergebnisse gegenüber, die beispielsweise die (positive wie negative) Wirkung von supervisorischen Prozessen bei Patient*innen oder Klient*innen untersuchen und belegen würden. Bereits in der 1. Auflage von „Supervision auf dem Prüfstand“ (Petzold et al. 2003) wurde attestiert, dass keine wissenschaftlich nachweisbaren Wirkungen für das Klientensystem auffindbar sind, Wirkung von Supervision für die Supervidierten aus wissenschaftlicher Sicht unspezifisch ist und keine Klarheit über Wirkfaktoren besteht, dort wo Wirkung nachgewiesen werden konnte. Naheliegend wurde von den Autor*innen ein immenser Forschungsbedarf festgestellt.

Die aktuelle 2. Auflage widmet sich der Analyse supervisionswissenschaftlicher Forschung der Jahre 2003 bis 2016 und versteht sich als Feldrecherche durch Literaturanalyse.

Mit diesem zweiten Teil von „Supervision auf dem Prüfstand“ ist nicht nur eine Neuauflage von Teil 1 erschienen. Es wurde vielmehr eine neue und vertiefende Betrachtung der internationalen empirischen Supervisionsforschung vorgelegt, was durch die Ausweitung der Recherche auf Datenbanken möglich wurde, die in der Form für die erste Ausgabe nicht zur Verfügung standen. Beide Bände gemeinsam bieten nunmehr einen literaturanalytischen Überblick über 30 Jahre Supervisionsforschung im Sinne einer kritischen Betrachtung und metakritischen Problematisierung. Diente der erste Band der grundlegenden Bestandsaufnahme, die „offensichtlich, klar und eindeutig einen eklatanten Mangel an Forschung in vielen supervisorischen und supervisionsrelevanten Bereichen“ (S.16, SAP1) als Ergebnis attestieren musste, kann der nun vorliegende zweite Band als Nachfolgestudie einerseits auf dem damals angelegten Forschungsschema aufbauen und andererseits aktuelle Entwicklungen seit 2002 miteinbeziehen und thematisch berücksichtigen. 

Das Buch gliedert sich in drei Teile:

Teil I befasst sich mit einführenden Überlegungen zu Kontext, Wurzeln und Verständnis von Supervision und Supervisionsforschung.

Teil II beschreibt als empirischer Teil u.a. Datenerhebung- und Analyse, stellt die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Empirie dar, stellt die Designs, Forschungsmethoden und -instrumente vor und erläutert Schwierigkeiten und Limitationen beim Forschungsprozess

Teil III beinhaltet ausführliche und weitreichende Nachgedanken von Hilarion G. Petzold zum Forschungsbericht, insbesondere zum Themenbereich der Qualität/Qualitätsforschung und Evaluation als „Muss“ für die Supervision

Dem Autorenteam ist es gelungen, durch Bearbeitung einer beeindruckenden Menge an internationalen Forschungsbeständen wissenschaftlich fundierte Antworten auf die für die 2. Auflage formulierte Forschungsfragen zu erheben:

  1. Wie hat sich die internationale Supervisionsforschung seit 2003 entwickelt?
  2. Welche Themengebiete sind wie prominent vertreten?
  3. Wie ist der internationale Forschungsstand in Bezug auf die Untersuchung der Wirkung und Wirksamkeit von Supervision auf SupervisandInnen-, AuftraggeberInnen- und KlientInnensysteme?
  4. Welche Untersuchungsdesigns wurden angewandt?

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass zwar die Zahl an empirischen Studien zugenommen hat, jedoch keine Hauptströmungen und Forschungslinien erkennbar seien. Es werde hauptsächlich im klinischen und Gesundheitsbereich geforscht, andere Forschungsfelder sind stark unterrepräsentiert. Es scheint auch gerade die Abwesenheit von Forschungsbemühungen in einzelnen Bereichen besonders aussagekräftig für die Supervisionsforschung zu sein: so wurde zB das AuftraggeberInnensystem in keinem Forschungsprojekt befragt. Auch Contracting, Auftragserstellung oder Diagnose des Auftrags wurde niemals erforscht.

Insgesamt stellen die Autor*innen zusammenfassend unter Anderem fest, dass Supervision von einer Evidenzbasierung entfernt und die wissenschaftliche Qualität aller Studien verbesserungswürdig ist. Sie konstatieren, dass „die Wirksamkeit von Supervision generell nicht einheitlich beforscht werden kann“ (S. 200) und Forschungsergebnisse nicht zwischen den einzelnen Feldern übertragbar sind. 

Die Autor*innen von „Supervision auf dem Prüfstand Teil 2“ leisten einen wichtigen Beitrag zur notwendigen systematischen Sichtung, Entwicklung und Verknüpfung der Supervisionsforschung und ermöglicht es so den Forschungscommunities, in ihren wissenschaftlichen Bemühungen auf einander Bezug zu nehmen.  

Literaturverzeichnis

Petzold, H. G., Schigl, B., Fischer, M., & Höfner, C. (2003). Supervision auf dem Prüfstand. Wirksamkeit, Forschung, Anwendunsgfelder, Innovation. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

Schigl, B., Höfner, C., Artner, N. A., Eichinger, K., Hoch, C. B., & Petzold, H. G. (2020). Supervision auf dem Prüfstand. Wirksamkeit, Forschung, Anwendungsfelder, Innovation. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

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